Franziskaner-Pfarre St. Pölten, 6. Nov. 2025
Habemus Papam – Leo XIV., der Brückenbauer
Dr. Bernard Mallmann, Mitarbeiter und Assistent am Lehrstuhl für Dogmatik und Dogmengeschichte an der Katholisch Theologischen Fakultät der Universität Wien
Papst Leo XIV. wird in mehrfacher Hinsicht als Brückenbauer gesehen. Er orientiert sich an Christus, dem Brückenbauer zwischen Gott und den Menschen. Der Friedensgruß des Auferstandenen, mit dem er nach seiner Wahl vor die Menschen trat, lässt vermuten, dass ihm der Aufbau einer Welt, die im Wort Gottes Wegweiser, Halt und Frieden findet, ein großes Anliegen ist. Seine Namenswahl lässt die Intentionen Leo XIII. mitschwingen, erinnert jedoch auch an Papst Leo I., den Großen.
Die Wahl von Papst Leo XIV. liegt bereits ein halbes Jahr zurück, dennoch wird Robert Prevost als Nachfolger des Apostels Petrus nicht nur von den Vaticanisti, sondern von vielen in der Kirche beobachtet. Was sind die Themen, denen er sich zuwenden wird? Welche Aufgaben warten auf ihn als Bischof von Rom? Wohin wird er die katholische Kirche führen?
Der Vortragsabend mit Dr. Bernard Mallmann widmete sich dem noch jungen Pontifikat. Der Referent bekannte doch gleich zu Beginn des Abends, dass sich aus den bisherigen Äußerungen und Texten von Leo XIV. noch wenig über den kommenden Kurs der Kirche ableiten lässt. Vielmehr fällt Papa Prevost durch eine vornehme Zurückhaltung auf. Es scheint sich zu bestätigen, dass er – wie viele versichern, die ihm persönlich begegnet sind – zunächst viel zuhört und wahrnimmt. Dies erklärt vielleicht auch, dass er in viele Richtungen und in die unterschiedlichen Lager und Räume Brücken baut.
Bernard Mallmann hat daher den Versuch unternommen, die geistlichen und ideellen Quellen von Papst Leo XIV. zu untersuchen, um zu erahnen aus welcher geistlichen Tradition unser Papst kommt und in welche Linie von Päpsten er sich mit seiner Namenswahl selbst gestellt hat.
Ein erster Abschnitt des Vortrages widmete sich Augustinus von Hippo, der als Gründer der Augustinereremiten gilt, denen Robert Prevost angehörte und dessen Leiter er auch jahrelang war. Augustins Theologie ist zutiefst mit seinem Leben verbunden. Dennoch waren die Frage des Bösen und die Frage nach der Wahrheit sein Leben lang die entscheidenden Punkte, um die sein Denken kreiste. Die Auseinandersetzung mit den damaligen unterschiedlichen Gruppierungen in der Kirche, aber auch sein pastorales Engagement haben seine Theorien geprägt. Insbesondere die Gnadenlehre, in der Augustinus einen Primat der Gnade gegenüber der menschlichen Freiheit vertritt, ist bis heute prägend.
Ein weiterer Blick wurde auf zwei Päpste der Kirchengeschichte gerichtet, die ebenfalls den Namen Leo gewählt hatten. Leo der Große hat mit seinem Tomus ad Flavianum einen wichtigen Beitrag für die Christologie geleistet. Das Konzil von Calcedon (451) nimmt seine Überlegungen auf und bekennt, dass in der einen Person Jesu Christi die beiden Naturen von Gottheit und Menschheit zusammenkommen und in Jesus Christus die Offenbarkeit des Vaters gegeben ist. Leo XIII. sticht im 19. Jahrhundert durch viele Initiativen hervor, insbesondere aber durch seine Enzyklika Rerum novarum, womit er zur Zeit der industriellen Revolution die kirchliche Soziallehre begründete. Ihm ging es um einen Mittelweg zwischen Sozialismus und Kapitalismus und einen Arbeiterschutz, der die Würde des Menschen fördert.
Ein abschließender Blick auf die ersten Ansprachen von Papst Leo XIV. zeigt, dass ihn die Sorge um den Frieden in der Welt umtreibt. Hier wird er alle Möglichkeiten nützen, um Brücken in verfeindete Lager zu bauen. Sein Papstamt als Garant der Einheit wird vielleicht nicht mehr nur innerkirchliche Relevanz haben, sondern auch weltweit für die eine Menschheitsfamilie an Bedeutung gewinnen. Grund und Fundament für sein Amt und sein Verständnis des Petrusdienstes sind im Bekenntnis zu Jesus Christus, dem Sohn Gottes, begründet.